Wie ein Pferd seine Reitschulzeit erlebt hat

10. September 2019

Meine Stute Blessa hatte eine Vergangenheit als Reitschulpferd. Sie stand dort mit vielen anderen Pferden in einem großen Offenstall, z.T. auch auf der Weide. Die Pferde in diesem Stall werden gut versorgt. An tierärztlicher Behandlung wird nicht gespart und der Umgang mit den Pferden ist freundlich. Sie werden hauptsächlich im Gelände geritten und haben außerhalb der Reitstunden die Möglichkeit, sich frei zu bewegen. So eine Reitschule hätte ich mir damals, als ich das Reiten lernte, sehr gewünscht. Die menschliche Sicht auf Reitschulen ist durchaus sehr unterschiedlich – aber wie sieht ein Pferd das eigentlich selbst?

Ich habe Blessa gefragt, wie sie diese Zeit als Reitschulpferd erlebt hat. Die Eindrücke aus dieser Zeit, ihre Bilder und Empfindungen habe in folgenden Text „übersetzt“. Blessas Bericht ist vollkommen frei von Vorwürfen, Anschuldigungen etc. und diese waren auch in keinster Weise in dieser Kommunikation zu fühlen. Wenn Blessa so frei von Bewertungen oder Urteilen auf diese Zeit in der Reitschule zurückblicken kann, dann wünsche ich mir, dass wir Menschen das auch tun. In dieser Hinsicht können wir von den Tieren nämlich viel lernen.

Ich möchte folgenden Hinweis vorausschicken: Dieses ist Blessas Bericht, andere Pferde können das vollkommen anders empfinden.

Ich erinnere mich wirklich nicht gerne an diese Zeit, musst du wissen. Sie ist lange vorbei und gleichzeitig noch immer präsent in mir. Etwas passiert und ich bin wieder dort. Dort und nur dort, nicht mehr hier. Verstehst du? Dann bin ich für dich nicht mehr erreichbar, für deine weichen Hände und deine liebevollen Worte. Dann bin ich einfach weg, von einem Augenblick zum anderen, versetzt in eine andere Welt. Es war sehr schwer für mich, dort zu leben, ich habe diese Zeit als eine sehr große Belastung empfunden. Ich will nicht behaupten, dass das allen so geht, die dort leben, aber mir ging es so. Ich habe mich manchmal richtig verkrochen, wenn sie kamen, um mich zu holen. Ich wusste nie, was mich jetzt erwartet. Wer jetzt was von mir will. Sofort ging ich in die Anspannung über. Stand dort bewegungslos und war gar nicht richtig ansprechbar. Wie abgeschaltet. Ich kann dir nicht sagen, wo ich in diesen Zeiten war, jedenfalls nicht anwesend in mir. Ich erinnere mich kaum noch daran, was ich dort zu tun hatte. Es war alles keine schwere Arbeit für mich. Ich kann sehr viel und sehr lange arbeiten, konnte es lange Jahre und habe das auch getan. Irgendwann wurden meine Kräfte aber weniger. Es hat mich alles so ermüdet. Ich wurde müde in meinem Körper, müde in meinem Geist. Ich lerne gerne und ich lerne schnell, aber ich verkümmerte. Mein Geist wurde träge und ich war nicht mehr schnell genug. Mein Widerspruchsgeist war aufgebraucht. Ich wollte einfach nicht mehr, ich war so erschöpft. Das haben die Menschen mir angemerkt und ich hatte längere Pausen. Ich kam aber nicht zur Ruhe, es ging einfach nicht. Ich hätte mehr Raum für mich gebraucht dort, mehr Zeit ohne Menschen, nur in der Herde. Das viele Kommen und Gehen war mir zu viel. Ich brauche die Zeiten, in denen ich in meinem Raum für mich sein kann und keiner etwas von mir will. Das ging dort aber nicht und so wurde es immer unerträglicher für mich, dort zu sein. Ich habe oft versucht, einen Weg hinauszufinden, aber ich bin immer gescheitert damit. Ich sollte dort bleiben, es gab die Hoffnung, dass ich wieder werde wie früher, so friedlich und freundlich. Ich wurde aber immer stiller, immer mehr in mich gekehrt, immer unansprechbarer. Immer häufiger musste ich mich auf eine Art wehren, die mir überhaupt nicht entspricht. Ich bin von Natur aus eine sehr, sehr friedfertige Seele, gehe Konflikten gerne aus dem Weg. Lasse die anderen sich bekämpfen. Ich mag das gar nicht. Mein Protest wurde aber nicht verstanden. Ich habe so viele unterschiedliche Formen des Protests ausprobiert, so viele verhallten im Nebel. Sie sind einfach nicht angekommen bei den Menschen, die Leitung war wie blockiert.

In einer Reitschule sind die Möglichkeiten für Pferde eben recht eingeschränkt. Es gibt dort einen Dienst zu tun und mehr nicht. Das ist nicht unbedingt verkehrt, aber für mich hat es einfach nicht gepasst, eigentlich von Beginn an nicht. Ja, ich bin ein nettes, ein freundliches Pferd und die Kinder haben mich auch geliebt. Ich kann sie nicht beißen, so wie andere das können. Das wäre auch die falsche Adresse. Nicht sie haben mir das Leben schwer gemacht, es waren die anderen Umstände. Ich habe nichts gegen eine regelmäßige Arbeit, ich habe nichts dagegen, geritten zu werden. Ja, manchmal war es schon ein bisschen arg viel Gewicht auf mir, das schon. Aber das war nicht das Problem. Mein Problem lag viel tiefer. Ich möchte einfach Blessa sein können und das konnte ich da nicht. Ich konnte niemals, keine einzige Minute ich selbst sein. Nur für mich ich selbst sein. Nur sein. Ich musste immer auf der Hut sein, vor den anderen Pferden, vor den Menschen. Nie Ruhe, nie für mich sein. Ich brauche das aber einfach sehr. In manchen Phasen war es so turbulent, so laut, so hektisch, dass ich mich fast selbst verloren habe. Den Zugang zu mir verloren habe. Nur noch gemacht, gemacht, gemacht. Das war schlimm. Sie wollten das nicht, die Menschen. Sie wollten nicht, dass mir das passiert, aber es ist einfach passiert.

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